Workflow zur Organisation arbeitsmedizinischer Vorsorgeleistungen nach ArbMedVV
Arbeitsmedizinische Vorsorgeleistungen beruhen auf der Arbeitsmedizinischen Vorsorgeverordnung (ArbMedVV). Die Vorsorge dient ausschließlich dem Schutz der Beschäftigten vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen aus ihrer beruflichen Tätigkeit. Sie umfasst in der Regel:
- Beratung der beschäftigten Person
- Arbeitsmedizinische Anamnese und Befundaufnahme
- Bewertung individueller Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz
- Hinweise zu Schutzmaßnahmen und Verhaltensweisen
Wichtig: Es handelt sich nicht um allgemeinärztliche Diagnostik oder Behandlung, wie sie üblicherweise durch gesetzliche oder private Krankenversicherungen durchgeführt wird. Arbeitsmedizinische Vorsorge bleibt stets auf die arbeitsbedingten Belastungen beschränkt.
1. Schritt – Festlegung der erforderlichen Vorsorgearten
Die Grundlage bildet in jedem Fall die Gefährdungsbeurteilung.
• Ermittlung aller Tätigkeiten und Arbeitsplatzbedingungen
• Zuordnung der relevanten Vorsorgeanlässe nach ArbMedVV
Dabei werden besonders häufig folgende Vorsorgeanlässe festgestellt:
- G37 – Bildschirmarbeitsplätze (Ergonomie, Sehanforderungen)
- G26 – Atemschutz (z. B. Ozon, Gefahrstoffe)
- G20 – Lärm (> 80 / > 85 dB(A))
- G24 – Hautschutz (Feuchtarbeit, chemische Stoffe)
- Vorsorge nach BioStoffV (Gesundheitsdienst, Reinigung, Abwasser)
- G41 – Absturzgefahr (Dacharbeiten, Gerüste, Hubarbeitsbühnen)
- Vorsorge schwere körperliche Arbeit (Lastenhandhabung, Zwangshaltungen)
- G40 – krebserzeugende Stoffe
Die Festlegung der Vorsorgearten erfolgt üblicherweise:
• im Rahmen der **ASA-Sitzung**,
• bei **Betriebsbegehungen**,
• durch Beratung der **Fachkraft für Arbeitssicherheit**,
• durch Rückmeldung des **Betriebsarztes**.
Ergebnis dieses Arbeitsschritts ist eine (kurze) Liste aller relevanten Tätigkeiten mit zugehörigen Vorsorgeanlässen.
2. Schritt – Zuordnung der betroffenen Mitarbeitenden
In einem weiteren Abstimmungsschritt legen Arbeitgeber, Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit gemeinsam fest, welche Mitarbeitenden aufgrund ihrer Tätigkeit welcher Vorsorge zugeordnet werden. Es wird unterschieden zwischen:
a) Angebotsvorsorge
- Arbeitgeber muss Vorsorge schriftlich anbieten.
- Mitarbeitende können frei entscheiden („Ja, ich nehme teil.“ / „Nein, ich lehne ab.“).
- Die Erklärung muss dem Arbeitgeber zurückgemeldet werden.
b) Pflichtvorsorge
- Arbeitgeber muss die Mitarbeitenden zur Vorsorge auffordern.
- Beschäftigte müssen daran teilnehmen (gesetzliche Verpflichtung).
- Die Vorsorge ist Voraussetzung, um die Tätigkeit ausüben zu dürfen.
Ergebnis ist eine vollständige Mitarbeiterliste mit zugehörigen Vorsorgearten (inkl. Kennzeichnung Angebot/Pflicht).
3. Schritt – Schriftliche Beauftragung des Betriebsarztes
Der Arbeitgeber ist für die Organisation verantwortlich und beauftragt den Betriebsarzt schriftlich.
Der Auftrag enthält zwingend:
1. Namentliche Mitarbeitendenliste
• Name der Person
• Tätigkeitsbeschreibung
• Art der Vorsorge (Angebot oder Pflicht)
2. Terminangaben
• Datum
• Uhrzeit / Zeitfenster
• Optional: Blocktermine für mehrere Personen
3. Rahmenbedingungen
• Wo findet die Vorsorge statt?
• Welche Ausstattung steht bereit?
Damit erhält der Betriebsarzt einen klar definierten Auftrag, vergleichbar mit einem schriftlichen Auftragszettel im Handwerk.
4. Schritt – Bereitstellung von Räumlichkeiten (falls im Betrieb durchgeführt)
Findet die Vorsorge im Betrieb statt, sorgt der Arbeitgeber für einen geeigneten Raum:
• Abschließbarer Raum, ungestört, ohne Publikumsverkehr
• Ruhe und vertrauliche Atmosphäre
• Liegemöglichkeit (Untersuchungsliege)
• Tisch und zwei Stühle
• Stromanschluss
• Verschattung / Sichtschutz → keine Einblicke von außen
• Sauberkeit und hygienische Rahmenbedingungen
Alternative:
Der Arbeitgeber kann vereinbaren, dass die Beschäftigten die Praxis des Betriebsarztes aufsuchen. In diesem Fall enthält der Auftrag die Information, dass keine Betriebsräume benötigt werden.
Fazit
Arbeitsmedizinische Vorsorge ist ein strukturierter Verwaltungsprozess, der nur funktioniert, wenn:
- der Arbeitgeber die Vorsorgearten korrekt aus der Gefährdungsbeurteilung ableitet,
- die zutreffenden Beschäftigten klar zugeordnet werden,
- der Betriebsarzt einen präzisen schriftlichen Auftrag erhält,
- geeignete Räumlichkeiten oder Praxisbesuche sichergestellt sind.
Der Betriebsarzt kann seine Leistung erst dann ordnungsgemäß erbringen, wenn der Arbeitgeber ihm die notwendigen Informationen, Termine und organisatorischen Voraussetzungen bereitstellt.